Nach zwölfjähriger Pause wandte sich Dvorák im Sommer 1893 wieder der Gattung des Streichquartetts zu. Seit Herbst 1892 war er als Musikdirektor in New York tätig und verbrachte den Sommer in Spillville (Iowa), wo sich eine Gruppe tschechischer Auswanderer angesiedelt hatte und ihm das Gefühl von Heimat vermittelte. Die starken Natureindrücke führten zu diesem unkonventionellen Streichquartett in der Nachfolge von Beethovens „Pastorale“ – bis hin zur Nachahmung von Vogelrufen. Bestimmte rhythmische und melodische Eigentümlichkeiten wurden seit den ersten Aufführungen auf Einflüsse der Volksmusik von Indianern und Afroamerikanern zurückgeführt und brachten dem schnell populär gewordenen Werk den Beinamen „Amerikanisches Quartett“ ein. Erstmals seit 1955 erscheint das Quartett nun wieder in einer Urtextausgabe.
Während die ersten Kompositionsversuche Schumanns in dieser Königsdisziplin der Kammermusik von 1838/39 noch Fragment blieben, wurden die drei Streichquartette op. 41 in a-moll, F-dur und A-dur im Juni/Juli 1842 in einem Zuge niedergeschrieben. Bei den ersten privaten Aufführungen waren die Zuhörer begeistert, und namentlich Mendelssohns Lob veranlasste Schumann, seinem Freund die neuen Werke zu widmen. Entsprechend selbstbewusst schrieb der Komponist an seinen Verleger: „Verlassen Sie sich darauf, dass ich keine Mühe gespart, etwas recht Ordentliches hervorzubringen, ja ich denke mir manchmal, mein Bestes.“ Schumanns Opus 41 gehört heute bekanntlich zum Kernrepertoire aller Quartettspieler.
So erfolgreich Dvoráks Aufenthalt in Amerika (1892–95) auch war, so sehr litt der Komponist unter Heimweh. Das As-dur-Streichquartett hatte er zwar noch in New York begonnen, setzte die Niederschrift aber erst nach seiner Rückkehr nach Böhmen im Dezember 1895 fort. Vom Einfluss indianischer oder afroamerikanischer Musik ist in diesem letzten Kammermusikwerk aus seiner Feder nichts mehr zu spüren, auffallend ist eher die Fülle an kantablen Themen und Motiven und deren überaus kunstvolle und kontrastreiche Verarbeitung. Es scheint, als sei die Erleichterung über das Wiedersehen mit seinen Kindern und Freunden direkt in das Werk eingeflossen. Dvorák selbst äußerte während der Komposition in einem Brief: „Der Herrgott hat uns diesen glücklichen Augenblick vergönnt, und darum fühlen wir uns alle so unaussprechlich glücklich.“ Diese Henle-Ausgabe ist die erste Urtextedition des Quartetts seit 1955.
Den Herausgeber stellen die Stücke angesichts des heftigen Überarbeitungseifers Mendelssohns vor einige Herausforderungen: Lag beim Quintett A-dur nach dem Austausch eines Binnensatzes und einer Satzumstellung neben der frühen Version eine einigermaßen erkennbare „Endfassung“ vor, die 1833 im Druck erschien, wurde das Quintett B-dur nach seinem vorläufigen Abschluss 1845 mehreren weiteren Korrekturdurchgängen unterzogen, die vermutlich bis ins Todesjahr des Komponisten reichten (1847). Das Stimmenmaterial umfasst neben dem zweiten Streichquintett B-dur erstmals sowohl die Frühfassung als auch die Druckfassung des ersten Quintetts A-dur jeweils in kompletter Ausschrift, wodurch beide Versionen als eigenständige Werke spielbar sind. Zur weitergehenden Beschäftigung mit dem Notentext erscheint neben der Stimmenausgabe auch eine Studienpartitur.
Bereits über 20 Streichquartette hatte Brahms komponiert (einem Freund gestand er, „das Zeug“ habe er alles verbrannt), bevor er sich mit seinem Opus 51 an die Öffentlichkeit wagte. Insgesamt hielten am Ende nur drei erhaltene Werke seiner hohen Selbstkritik stand. Wir veröffentlichen die beiden leidenschaftlich-düsteren Quartette op. 51 getrennt vom eher heiteren Opus 67, über das eine zeitgenössische Kritik vermerkte: „Brahms scheint sich diesmal vorgenommen zu haben, auf einem sonnigen Wiesenweg zu wandeln“. Als Grundlage dient der 2004 im Henle Verlag erschienene Band der Neuen Brahms-Gesamtausgabe, der erstmals auf bisher verschollene Quellen aus einem Schweizer Nachlass zugreifen konnte.?
Das heute noch bestehende Schloss Weinzierl in Niederösterreich kann als der Geburtsort einer Kammermusikgattung angesehen werden, die seitdem nicht mehr aus der Musikwelt wegzudenken ist. Der junge Haydn durfte auf Einladung eines vermögenden Musikfreundes einige Zeit an diesem Ort verweilen und traf sich mit dem Schlossverwalter, dem Schlosspfarrer und dem Cellisten Anton Albrechtsberger regelmäßig zum Musizieren. Seine ersten Werke für „2 Violinen, Viola und Basso“ sind zwar noch fünfsätzig, begründeten aber durch ihren musikalischen Wert den Erfolg des Streichquartetts als eigenständige Gattung.?
Sechs Werke gehören zur Opusgruppe 9 – die erste geschlossene Gruppe von Streichquartetten, die wir von Haydn kennen. Doch auch formal ging der Komponist hier neue Wege: Orientierte er sich bei den vorangegangenen Quartetten Opus 1 und 2 noch am fünfsätzigen Divertimento, entschied er sich hier für die in Zukunft maßgebliche Form der Viersätzigkeit. Außerdem bediente er sich eines erweiterten Klangraums und experimentierte mit metrischen Überraschungseffekten (so z. B. im Trio des Menuetts aus dem G-dur-Quartett).?
Das Autograph der Quartette op. 17 stammt aus dem Besitz des k. k. Polizeirats Johann Nepomuk Neuwirth, dessen Witwe es 1875 der Wiener Gesellschaft der Musikfreunde schenkte. Es heißt, dass Haydn im Haus der Familie Neuwirth „bei den Quartettübungen die Viola zu spielen pflegte“. Ob die Quartette op. 17 für diese Zusammenkünfte komponiert wurden, ist nicht mehr feststellbar. Sie haben jedoch bis heute einen festen Platz im Notenschrank aller Kammermusikfreunde – besonders Nr. 4, 5 und 6, die sich deutlich vom Divertimento-Stil der frühen Quartette entfernen, werden immer wieder gerne aufs Pult gelegt.?
Das Vorwort von Christin Heitmann liefert aufschlussreiche Hintergrundinformationen zu den Streichquartetten Opus 20. Der Beiname „Sonnenquartette“ geht nicht auf Haydn zurück, sondern spielt auf eine zeitgenössische Ausgabe an, deren Titelblatt von einer aufgehenden Sonne verziert wurde. Die Quartette op. 20 gehören als letzte Serie zu einer Gruppe früherer Streichquartette, sie weisen aber deutlich über ihre Zeit hinaus. Eine formale Besonderheit stellen die anspruchsvollen Fugen dar, die drei der sechs Quartette abschließen.? Die Studien-Edition HN 9208 ergänzt das vorliegende Stimmenmaterial.
Etwa zehn Jahre ließ Haydn verstreichen, bevor er nach Opus 20 einen neuen Streichquartettzyklus vorlegte: die sog. „Russischen Quartette“. Dies ist die erste Quartett-Serie, von der wir wissen, dass Haydn sie mit Blick auf ihre Veröffentlichung komponierte. „Sie sind auf eine gantz neue besondere Art“, warb er in mehreren Briefen, und damit meinte er sicher nicht nur, dass erstmals „Scherzi“ den Platz der Menuette einnahmen. Musikfreunde schätzen besonders die melodischen Einfälle; so brachte das reich verzierte Einleitungsmotiv von op. 33,3 dem Quartett den Beinamen „Vogelquartett“ ein.?
Der Band wird mit einem Kuriosum eröffnet: Opus 42 ist ein Einzelwerk, kurz und spieltechnisch überraschend einfach; Haydn bezeichnet es als „ganz klein und mit nur 3 Stuck“. Die Quartette op. 50, unter ihnen das sogenannte Frosch-Quartett, sind dem Preußenkönig Friedrich Wilhelm II. gewidmet, der ein versierter Cellist war. Auch wenn das „Solo“ zu Beginn von Opus 50,1 wohl eher scherzhaft gemeint ist, darf sich das Cello über einige dankbare Passagen freuen.?
Darauf hat die Kammermusikwelt gewartet – endlich sind alle Streichquartette Haydns in bewährter Henle-Urtextqualität zu haben! Als letzte Ausgabe gesellen sich nun die Streichquartette op. 54/55, manchmal auch als „Erste Tost-Quartette“ bezeichnet, in diesen Kreis. Anders als es die Opuszahlen vermuten lassen, handelt es sich um einen zusammenhängenden Zyklus von sechs Werken. Der Einfluss Mozarts vertieft sich, die Formen werden vielfältiger, und der ersten Violine werden mitunter echte Seiltänzer-Kunststücke abverlangt. Gerade in diesem Band gibt es einige wenig gespielte Schätze zu entdecken. Wir freuen uns, ihn als letztes Stimmenheft von insgesamt zwölf mit ergänzender Studien-Edition in die Musikwelt zu entlassen.?
Die Quartette tragen eine Widmung an den Geiger Johann Tost, der während der 1780er Jahre zweiter Konzertmeister in der Kapelle am Hof Esterházy war. Dessen Geschäftssinn verleitete ihn dazu, zwölf Quartette - unter diesen wohl auch Opus 64 - an einen Pariser Verleger zu verkaufen. Ob dies in Haydns Sinne war, muss offen bleiben - die Widmung jedenfalls war von der zweiten Auflage an getilgt. Unsere Ausgabe folgt der Haydn-Gesamtausgabe und stellt zum Es-dur-Quartett erstmals beide originalen Trios gegenüber.?
Die Serie der Quartette op. 71 und 74 widmete Haydn dem ungarischen Grafen Apponyi, einem Wiener Musikmäzen und Freimaurerbruder Haydns. Sie entstanden zu der Zeit, als Haydn in England mit seinen "Londoner Symphonien" Triumphe feierte. Mit gewichtigen langsamen Einleitungen und dichtem, klangbetontem Satz tragen sie ebenfalls symphonische Züge. Besonders das g-moll-Quartett op. 74,3 fällt durch Expressivität und Originalität auf; wegen des rhythmischen Schwungs seiner Ecksätze wurde es unter dem Beinamen "Reiterquartett" bekannt. Die Studien-Edition ergänzt das bereits im Henle-Urtext vorliegende Stimmenmaterial der "Apponyi-Quartette".
Meisterhaft und voll neuer Gedanken beschrieb der schwedische Gesandtschaftssekretär Silverstolpe diese Quartette, als er sie 1797 zum ersten Mal hörte. Und der mit Haydn befreundete Musikhistoriker Charles Burney berichtete 1799: Ich habe durch Instrumentalmusik niemals mehr Vergnügen empfunden. Die Neuausgabe dieser sechs Werke, – darunter das berühmte „Kaiserquartett“ – folgt dem Text der vom Joseph Haydn-Institut in Köln herausgegebenen Gesamtausgabe. Sowohl in den Stimmen (HN 214) als auch in der Studien-Edition (HN 9214) informiert ein ausführlicher Textteil über Quellen und Lesarten. Klapptafeln in den Stimmen ermöglichen optimales Wenden der Seiten.?
Die fünf in diesem Band vereinigten Streichquartette Beethovens werden allgemein als „die mittleren Quartette“ apostrophiert, obwohl sie stilistisch keineswegs eine geschlossene Einheit bilden. Zwischen der Entstehung der drei Quartette op. 59 (1806) und des Quartetts op. 74 (1809/10) liegen denn auch mehr als drei Jahre. In die Quartette op. 59 streute Beethoven einige russische Volksliedthemen ein – eine Hommage an Fürst Rasumowsky, der die Werke bei ihm in Auftrag gegeben hatte. Sie werden daher oft auch als „russische Quartette“ bezeichnet. Auch das nächste Quartett, Op. 74 in Es-dur, erhielt einen Beinamen: Wegen einiger längerer Pizzicato-Passagen im ersten Satz nennt man es oft „Harfenquartett“. Das f-moll-Quartett schließlich, Op. 95, trägt im Autograph den Titel „Quartett serioso“. Alle Quartette sind reife Meisterwerke, die hohe interpretatorische und technische Ansprüche stellen.
„Schwungvoll“, „dramatisch“, „ausdrucksstark“, „meisterhaft“ – so und ähnlich lauten die Kommentare zu Mendelssohns drei Streichquartetten op. 44, Nr. 1–3. Er schrieb sie 1837/1838 in einer für ihn sehr glücklichen Zeit. Mendelssohn war frisch verheiratet, inzwischen weltberühmt und hatte mit der Leitung der Leipziger Gewandhauskonzerte eine der höchsten Stellungen inne, die man damals in der deutschen Musikwelt erreichen konnte. Die Quartette entstanden in der Reihenfolge Nr. 2 (e-moll), Nr. 3 (Es-dur) und Nr. 1 (D-dur), Mendelssohn selbst hielt das Quartett in D-dur für sein bestes – vielleicht ein Grund, warum er es an den Anfang der Sammlung stellte.
Mendelssohns Streichquartett op. 80 ist eines seiner wenigen "autobiographischen" Werke, ein ergreifendes musikalisches Dokument seiner Trauer um den Tod der Schwester Fanny und seines Versuchs, den Schmerz um diesen Verlust künstlerisch zu verarbeiten. Ignaz Moscheles schreibt dazu in seinem Tagebuch: "Der leidenschaftliche Charakter des Ganzen scheint mir im Einklang mit seinem tieferschütterten Seelenzustande zu sein...". Die einzig relevante Quelle, Mendelssohns Autograph, enthält zahlreiche Korrekturen, Streichungen und Einschübe. Einige Sonderlesarten in der Abschrift dürften auf die Einrichtung für die Uraufführung zurückgehen und sind in Fußnoten festgehalten.
Das erste der späten Streichquartette, Opus 127 in Es-dur, ist fraglos ein Zentralwerk im Oeuvre Beethovens, ja, der ganzen Gattung - "ein Werk, das formale und symbolische Aspekte der beiden großen Werke für Chor und Orchester [Missa solemnis, Neunte Symphonie] in die intimere Sphäre der Kammermusik überträgt" (William Kinderman). Viele Jahre schon wartet die Musikwelt auf diese Neuausgabe nach dem Text der Neuen Beethoven-Gesamtausgabe. Das Warten hat sich gelohnt! Denn erstmals wird jetzt die sehr komplexe Quellenlage berücksichtigt und damit Beethovens "letzter Wille" in einer Urtextedition vorgelegt. Stimmen- (HN 740) und Partiturausgabe (HN 9740) sind jeweils mit ausführlichem begleitendem Textmaterial versehen.?
27,30 €*
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