Den Herausgeber stellen die Stücke angesichts des heftigen Überarbeitungseifers Mendelssohns vor einige Herausforderungen: Lag beim Quintett A-dur nach dem Austausch eines Binnensatzes und einer Satzumstellung neben der frühen Version eine einigermaßen erkennbare „Endfassung“ vor, die 1833 im Druck erschien, wurde das Quintett B-dur nach seinem vorläufigen Abschluss 1845 mehreren weiteren Korrekturdurchgängen unterzogen, die vermutlich bis ins Todesjahr des Komponisten reichten (1847). Das Stimmenmaterial umfasst neben dem zweiten Streichquintett B-dur erstmals sowohl die Frühfassung als auch die Druckfassung des ersten Quintetts A-dur jeweils in kompletter Ausschrift, wodurch beide Versionen als eigenständige Werke spielbar sind. Zur weitergehenden Beschäftigung mit dem Notentext erscheint neben der Stimmenausgabe auch eine Studienpartitur.
Bereits über 20 Streichquartette hatte Brahms komponiert (einem Freund gestand er, „das Zeug“ habe er alles verbrannt), bevor er sich mit seinem Opus 51 an die Öffentlichkeit wagte. Insgesamt hielten am Ende nur drei erhaltene Werke seiner hohen Selbstkritik stand. Wir veröffentlichen die beiden leidenschaftlich-düsteren Quartette op. 51 getrennt vom eher heiteren Opus 67, über das eine zeitgenössische Kritik vermerkte: „Brahms scheint sich diesmal vorgenommen zu haben, auf einem sonnigen Wiesenweg zu wandeln“. Als Grundlage dient der 2004 im Henle Verlag erschienene Band der Neuen Brahms-Gesamtausgabe, der erstmals auf bisher verschollene Quellen aus einem Schweizer Nachlass zugreifen konnte.?
Beethoven kam verhältnismäßig spät zum Streichquartett. Als er den Auftrag zur Komposition der Quartette op. 18 von Fürst Lobkowitz erhielt, war er bereits 28 Jahre alt, als er sie beendete, 30 Jahre. Es sind denn auch durchaus reife Werke, die sich einerseits, in ihren technischen Ansprüchen, deutlich von etwa den Mozart’schen Quartetten unterscheiden, sich aber andererseits musikalisch auch an ihnen orientieren. Das A-dur-Quartett KV 464 diente ganz offensichtlich als Vorbild für Op. 18 Nr. 5. Beethovens sechs Quartette op. 18 sind aber völlig eigenständige Werke und gehören zu den wichtigsten Beiträgen zu dieser Gattung. In den 1980er-Jahren sind die Kopistenabschriften wieder zugänglich geworden, in denen Beethoven dem Auftraggeber, Fürst Lobkowitz, die Quartette überreicht hatte. Sie repräsentieren ein Stadium vor der endgültigen Fassung der Erstausgabe mit einer reicheren dynamischen und artikulatorischen Bezeichnung, was sie vor allem auch für die Praxis interessant macht. Da die Autographe zu den sechs Quartetten op. 18 nicht mehr erhalten sind, kommt diesen Manuskripten selbstverständlich besondere Bedeutung zu. Sie konnten für diese Henle-Urtextausgabe erstmals berücksichtigt werden.
Das heute noch bestehende Schloss Weinzierl in Niederösterreich kann als der Geburtsort einer Kammermusikgattung angesehen werden, die seitdem nicht mehr aus der Musikwelt wegzudenken ist. Der junge Haydn durfte auf Einladung eines vermögenden Musikfreundes einige Zeit an diesem Ort verweilen und traf sich mit dem Schlossverwalter, dem Schlosspfarrer und dem Cellisten Anton Albrechtsberger regelmäßig zum Musizieren. Seine ersten Werke für „2 Violinen, Viola und Basso“ sind zwar noch fünfsätzig, begründeten aber durch ihren musikalischen Wert den Erfolg des Streichquartetts als eigenständige Gattung.?
Sechs Werke gehören zur Opusgruppe 9 – die erste geschlossene Gruppe von Streichquartetten, die wir von Haydn kennen. Doch auch formal ging der Komponist hier neue Wege: Orientierte er sich bei den vorangegangenen Quartetten Opus 1 und 2 noch am fünfsätzigen Divertimento, entschied er sich hier für die in Zukunft maßgebliche Form der Viersätzigkeit. Außerdem bediente er sich eines erweiterten Klangraums und experimentierte mit metrischen Überraschungseffekten (so z. B. im Trio des Menuetts aus dem G-dur-Quartett).?
Das Autograph der Quartette op. 17 stammt aus dem Besitz des k. k. Polizeirats Johann Nepomuk Neuwirth, dessen Witwe es 1875 der Wiener Gesellschaft der Musikfreunde schenkte. Es heißt, dass Haydn im Haus der Familie Neuwirth „bei den Quartettübungen die Viola zu spielen pflegte“. Ob die Quartette op. 17 für diese Zusammenkünfte komponiert wurden, ist nicht mehr feststellbar. Sie haben jedoch bis heute einen festen Platz im Notenschrank aller Kammermusikfreunde – besonders Nr. 4, 5 und 6, die sich deutlich vom Divertimento-Stil der frühen Quartette entfernen, werden immer wieder gerne aufs Pult gelegt.?
Das Vorwort von Christin Heitmann liefert aufschlussreiche Hintergrundinformationen zu den Streichquartetten Opus 20. Der Beiname „Sonnenquartette“ geht nicht auf Haydn zurück, sondern spielt auf eine zeitgenössische Ausgabe an, deren Titelblatt von einer aufgehenden Sonne verziert wurde. Die Quartette op. 20 gehören als letzte Serie zu einer Gruppe früherer Streichquartette, sie weisen aber deutlich über ihre Zeit hinaus. Eine formale Besonderheit stellen die anspruchsvollen Fugen dar, die drei der sechs Quartette abschließen.? Die Studien-Edition HN 9208 ergänzt das vorliegende Stimmenmaterial.
Etwa zehn Jahre ließ Haydn verstreichen, bevor er nach Opus 20 einen neuen Streichquartettzyklus vorlegte: die sog. „Russischen Quartette“. Dies ist die erste Quartett-Serie, von der wir wissen, dass Haydn sie mit Blick auf ihre Veröffentlichung komponierte. „Sie sind auf eine gantz neue besondere Art“, warb er in mehreren Briefen, und damit meinte er sicher nicht nur, dass erstmals „Scherzi“ den Platz der Menuette einnahmen. Musikfreunde schätzen besonders die melodischen Einfälle; so brachte das reich verzierte Einleitungsmotiv von op. 33,3 dem Quartett den Beinamen „Vogelquartett“ ein.?
Der Band wird mit einem Kuriosum eröffnet: Opus 42 ist ein Einzelwerk, kurz und spieltechnisch überraschend einfach; Haydn bezeichnet es als „ganz klein und mit nur 3 Stuck“. Die Quartette op. 50, unter ihnen das sogenannte Frosch-Quartett, sind dem Preußenkönig Friedrich Wilhelm II. gewidmet, der ein versierter Cellist war. Auch wenn das „Solo“ zu Beginn von Opus 50,1 wohl eher scherzhaft gemeint ist, darf sich das Cello über einige dankbare Passagen freuen.?
Darauf hat die Kammermusikwelt gewartet – endlich sind alle Streichquartette Haydns in bewährter Henle-Urtextqualität zu haben! Als letzte Ausgabe gesellen sich nun die Streichquartette op. 54/55, manchmal auch als „Erste Tost-Quartette“ bezeichnet, in diesen Kreis. Anders als es die Opuszahlen vermuten lassen, handelt es sich um einen zusammenhängenden Zyklus von sechs Werken. Der Einfluss Mozarts vertieft sich, die Formen werden vielfältiger, und der ersten Violine werden mitunter echte Seiltänzer-Kunststücke abverlangt. Gerade in diesem Band gibt es einige wenig gespielte Schätze zu entdecken. Wir freuen uns, ihn als letztes Stimmenheft von insgesamt zwölf mit ergänzender Studien-Edition in die Musikwelt zu entlassen.?
Die Quartette tragen eine Widmung an den Geiger Johann Tost, der während der 1780er Jahre zweiter Konzertmeister in der Kapelle am Hof Esterházy war. Dessen Geschäftssinn verleitete ihn dazu, zwölf Quartette - unter diesen wohl auch Opus 64 - an einen Pariser Verleger zu verkaufen. Ob dies in Haydns Sinne war, muss offen bleiben - die Widmung jedenfalls war von der zweiten Auflage an getilgt. Unsere Ausgabe folgt der Haydn-Gesamtausgabe und stellt zum Es-dur-Quartett erstmals beide originalen Trios gegenüber.?
Die Serie der Quartette op. 71 und 74 widmete Haydn dem ungarischen Grafen Apponyi, einem Wiener Musikmäzen und Freimaurerbruder Haydns. Sie entstanden zu der Zeit, als Haydn in England mit seinen "Londoner Symphonien" Triumphe feierte. Mit gewichtigen langsamen Einleitungen und dichtem, klangbetontem Satz tragen sie ebenfalls symphonische Züge. Besonders das g-moll-Quartett op. 74,3 fällt durch Expressivität und Originalität auf; wegen des rhythmischen Schwungs seiner Ecksätze wurde es unter dem Beinamen "Reiterquartett" bekannt. Die Studien-Edition ergänzt das bereits im Henle-Urtext vorliegende Stimmenmaterial der "Apponyi-Quartette".
Meisterhaft und voll neuer Gedanken beschrieb der schwedische Gesandtschaftssekretär Silverstolpe diese Quartette, als er sie 1797 zum ersten Mal hörte. Und der mit Haydn befreundete Musikhistoriker Charles Burney berichtete 1799: Ich habe durch Instrumentalmusik niemals mehr Vergnügen empfunden. Die Neuausgabe dieser sechs Werke, – darunter das berühmte „Kaiserquartett“ – folgt dem Text der vom Joseph Haydn-Institut in Köln herausgegebenen Gesamtausgabe. Sowohl in den Stimmen (HN 214) als auch in der Studien-Edition (HN 9214) informiert ein ausführlicher Textteil über Quellen und Lesarten. Klapptafeln in den Stimmen ermöglichen optimales Wenden der Seiten.?
Dies sind die letzten von insgesamt fast 70 Streichquartetten, die Haydn schuf. Ursprünglich sollte es – wie so oft zuvor – eine Serie von sechs Quartetten werden. Doch war Haydn um die Entstehungszeit 1803 zu krank, um den Kompositionsauftrag des Fürsten Lobkowitz ganz umzusetzen. So veröffentlichte er als op. 77 nur zwei vollständige Quartette. Später ließ er als op. 103 zusätzlich noch ein unvollendetes Werk drucken, das aus zwei Mittelsätzen besteht. Vielsagend fügte er dem Druck folgende Worte hinzu: „Hin ist alle meine Kraft, alt und schwach bin ich.“ Musikalisch sind diese Werke alles andere als kraftlos. Sie stellen geradezu einen Höhenflug des gereiften Komponisten dar. Op. 77,2 wurde sogar Haydns „schönstes Streichquartett“ genannt.?
Die fünf in diesem Band vereinigten Streichquartette Beethovens werden allgemein als „die mittleren Quartette“ apostrophiert, obwohl sie stilistisch keineswegs eine geschlossene Einheit bilden. Zwischen der Entstehung der drei Quartette op. 59 (1806) und des Quartetts op. 74 (1809/10) liegen denn auch mehr als drei Jahre. In die Quartette op. 59 streute Beethoven einige russische Volksliedthemen ein – eine Hommage an Fürst Rasumowsky, der die Werke bei ihm in Auftrag gegeben hatte. Sie werden daher oft auch als „russische Quartette“ bezeichnet. Auch das nächste Quartett, Op. 74 in Es-dur, erhielt einen Beinamen: Wegen einiger längerer Pizzicato-Passagen im ersten Satz nennt man es oft „Harfenquartett“. Das f-moll-Quartett schließlich, Op. 95, trägt im Autograph den Titel „Quartett serioso“. Alle Quartette sind reife Meisterwerke, die hohe interpretatorische und technische Ansprüche stellen.
Das Streichquartett gilt gemeinhin als die Kammermusikgattung der Klassik schlechthin: Erfunden von Haydn, zusammen mit Mozart weiterentwickelt und von Beethoven bereits zu ihrem Höhepunkt gebracht. Alle Quartette späterer Komponisten mussten sich an den Werken dieser drei Meister messen lassen. Das gilt auch und in besonderem Maße für Mendelssohn, der immer wieder als „klassischer Romantiker“ apostrophiert wurde. Vor allem seinem Quartett in a-moll op. 13 werden starke Beethoven’sche Züge nachgesagt. Es entstand im Spätsommer und Herbst 1827, kurz nachdem die späten Quartette Beethovens im Druck erschienen und sicher auch Mendelssohn bekannt geworden waren. Zwei Jahre später, während Mendelssohns erster Englandreise, entstand das Quartett in Es-dur op. 12. Eine textgleiche Partitur der beiden Quartette ist in der Reihe der Studien-Editionen (HN 9270) erschienen.
„Schwungvoll“, „dramatisch“, „ausdrucksstark“, „meisterhaft“ – so und ähnlich lauten die Kommentare zu Mendelssohns drei Streichquartetten op. 44, Nr. 1–3. Er schrieb sie 1837/1838 in einer für ihn sehr glücklichen Zeit. Mendelssohn war frisch verheiratet, inzwischen weltberühmt und hatte mit der Leitung der Leipziger Gewandhauskonzerte eine der höchsten Stellungen inne, die man damals in der deutschen Musikwelt erreichen konnte. Die Quartette entstanden in der Reihenfolge Nr. 2 (e-moll), Nr. 3 (Es-dur) und Nr. 1 (D-dur), Mendelssohn selbst hielt das Quartett in D-dur für sein bestes – vielleicht ein Grund, warum er es an den Anfang der Sammlung stellte.
Mendelssohns Streichquartett op. 80 ist eines seiner wenigen "autobiographischen" Werke, ein ergreifendes musikalisches Dokument seiner Trauer um den Tod der Schwester Fanny und seines Versuchs, den Schmerz um diesen Verlust künstlerisch zu verarbeiten. Ignaz Moscheles schreibt dazu in seinem Tagebuch: "Der leidenschaftliche Charakter des Ganzen scheint mir im Einklang mit seinem tieferschütterten Seelenzustande zu sein...". Die einzig relevante Quelle, Mendelssohns Autograph, enthält zahlreiche Korrekturen, Streichungen und Einschübe. Einige Sonderlesarten in der Abschrift dürften auf die Einrichtung für die Uraufführung zurückgehen und sind in Fußnoten festgehalten.
Das erste der späten Streichquartette, Opus 127 in Es-dur, ist fraglos ein Zentralwerk im Oeuvre Beethovens, ja, der ganzen Gattung - "ein Werk, das formale und symbolische Aspekte der beiden großen Werke für Chor und Orchester [Missa solemnis, Neunte Symphonie] in die intimere Sphäre der Kammermusik überträgt" (William Kinderman). Viele Jahre schon wartet die Musikwelt auf diese Neuausgabe nach dem Text der Neuen Beethoven-Gesamtausgabe. Das Warten hat sich gelohnt! Denn erstmals wird jetzt die sehr komplexe Quellenlage berücksichtigt und damit Beethovens "letzter Wille" in einer Urtextedition vorgelegt. Stimmen- (HN 740) und Partiturausgabe (HN 9740) sind jeweils mit ausführlichem begleitendem Textmaterial versehen.?
Verehrte Streichquartett-Spieler! Das Warten hat ein Ende. Denn mit den Quartetten cis-moll op. 131 und a-moll op. 132 startet Henle jetzt die Reihe der späten Streichquartette Beethovens im einzig verbindlichen Urtext der Beethoven-Gesamtausgabe. Dass höchster Wert auf gute Wendestellen gelegt wurde, versteht sich von selbst. Zeitgleich erscheinen die Quartette auch als noten- und textidentische Studienpartituren. Der Herausgeber, Emil Platen, kommentiert ausführlich jede dieser Ausgaben durch ein Vorwort, durch erläuternde Fußnoten und einen beachtlichen Bemerkungsteil. Nach Erscheinen aller praktischen Ausgaben werden dann alle späten Quartette auch im Rahmen der Gesamtausgabe vorgelegt. Franz Beyer, der Streichquartett-Papst, zu dieser Neuerscheinung: "Die wichtigste Ausgabe der letzten 20 Jahre weltweit!"
Als eines seiner letzten Werke ist Beethovens op. 135 beides zugleich: hochgerühmt für seine kompositorische Klarheit und unbefriedigend im Blick auf bisherige Editionsversuche. Problematisch sind die überlieferten Quellen. Denn Beethovens autographe Partitur enthält zahlreiche Widersprüche im Vergleich zu seiner eigenhändigen Stimmenabschrift. Diese Diskrepanzen glättete der deutsche Verleger der Erstausgabe 1827 nach eigenem Ermessen, da Beethoven inzwischen verstorben war. Spätere Ausgaben übernahmen diese Eingriffe. Mit unserer Veröffentlichung wagt Rainer Cadenbach als Erster den Versuch einer authentischen Ausgabe. Widersprüchliche Ausformungen des Werkes werden offen gelegt, wodurch die Musiker zu eigenen Entscheidungen animiert werden. Optimale Wendestellen der Seiten runden diese ambitionierte Neuausgabe ab.?
Die südspanische Stadt Cádiz war im ausgehenden 18. Jahrhundert alljährlich Schauplatz einer Passionszeremonie im Gedenken an die Todesstunde Christi; Mittelpunkt war dabei die Lesung und Ausdeutung der letzten Christusworte. An Haydn erging ein Auftrag, kurze Meditationsmusiken zu verfassen, die im Wechsel mit den Lesungen vorgetragen werden sollten. Haydn schuf ein Orchesterwerk. Dessen Erfolg ermunterte jedoch den Verleger, eine Bearbeitung für Streichquartett bei Haydn in Auftrag zu geben. Da die Bläser meist parallel zu den Streichern geführt wurden, gelang dies mit nur wenigen Eingriffen in die Streicherstimmen. Wir geben die Quartettbearbeitung auf der Grundlage des Notentextes der Haydn-Gesamtausgabe heraus.?
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