Im vorliegenden Duo Hob VI:D1 behandelt Joseph Haydn die beiden Instrumente durchweg gleichberechtigt und technisch anspruchsvoll. Das Werk weist eine frühklassische Form auf. Die drei Sätze (Adagio non molto Allegro Menuetto mit drei Variationen) stehen allesamt in der Haupttonart D-dur. Die vorliegende Ausgabe geht auf einen Stimmendruck von 1781/82 bei Haydns Londoner Verleger William Forster zurück, in dem das Werk als A favorite DUETT bezeichnet wird. Die spärlichen Vortragsbezeichnungen in dieser Quelle wurden vom Herausgeber sinnvoll ergänzt und sind durch Strichelungen erkennbar.
Den Herausgeber stellen die Stücke angesichts des heftigen Überarbeitungseifers Mendelssohns vor einige Herausforderungen: Lag beim Quintett A-dur nach dem Austausch eines Binnensatzes und einer Satzumstellung neben der frühen Version eine einigermaßen erkennbare „Endfassung“ vor, die 1833 im Druck erschien, wurde das Quintett B-dur nach seinem vorläufigen Abschluss 1845 mehreren weiteren Korrekturdurchgängen unterzogen, die vermutlich bis ins Todesjahr des Komponisten reichten (1847). Das Stimmenmaterial umfasst neben dem zweiten Streichquintett B-dur erstmals sowohl die Frühfassung als auch die Druckfassung des ersten Quintetts A-dur jeweils in kompletter Ausschrift, wodurch beide Versionen als eigenständige Werke spielbar sind. Zur weitergehenden Beschäftigung mit dem Notentext erscheint neben der Stimmenausgabe auch eine Studienpartitur.
Klaviertrios waren in der Zeit der Klassik und noch bis weit ins 19. Jahrhundert hinein ein, fast möchte man sagen, Modeartikel. So kommt es nicht von ungefähr, dass sich nach Haydn und Mozart auch Beethoven mit dieser Gattung auseinandersetzte und insgesamt 13 Klaviertrios hinterließ. Dieser zweite Band enthält die beiden Klaviertrios op. 70, das Trio op. 97 sowie die Variationen über das Lied „Ich bin der Schneider Kakadu“ op. 121a. Der Beiname „Geistertrio“ des Trios op. 70 Nr. 1 stammt, wie üblich, nicht von Beethoven, sondern wurde dem Stück wohl wegen der besonderen, unheimlichen Klanglichkeit des langsamen Satzes gegeben. Das nach seinem Widmungsempfänger Erzherzog Rudolph benannte Erzherzog-Trio op. 97 ist sicher Beethovens bedeutendstes und mit einer Dauer von über 45 Minuten auch längstes Klaviertrio. Obwohl bereits 1810/11 entstanden, wurde es erst 1816 veröffentlicht.
Bereits über 20 Streichquartette hatte Brahms komponiert (einem Freund gestand er, „das Zeug“ habe er alles verbrannt), bevor er sich mit seinem Opus 51 an die Öffentlichkeit wagte. Insgesamt hielten am Ende nur drei erhaltene Werke seiner hohen Selbstkritik stand. Wir veröffentlichen die beiden leidenschaftlich-düsteren Quartette op. 51 getrennt vom eher heiteren Opus 67, über das eine zeitgenössische Kritik vermerkte: „Brahms scheint sich diesmal vorgenommen zu haben, auf einem sonnigen Wiesenweg zu wandeln“. Als Grundlage dient der 2004 im Henle Verlag erschienene Band der Neuen Brahms-Gesamtausgabe, der erstmals auf bisher verschollene Quellen aus einem Schweizer Nachlass zugreifen konnte.?
Beethoven kam verhältnismäßig spät zum Streichquartett. Als er den Auftrag zur Komposition der Quartette op. 18 von Fürst Lobkowitz erhielt, war er bereits 28 Jahre alt, als er sie beendete, 30 Jahre. Es sind denn auch durchaus reife Werke, die sich einerseits, in ihren technischen Ansprüchen, deutlich von etwa den Mozart’schen Quartetten unterscheiden, sich aber andererseits musikalisch auch an ihnen orientieren. Das A-dur-Quartett KV 464 diente ganz offensichtlich als Vorbild für Op. 18 Nr. 5. Beethovens sechs Quartette op. 18 sind aber völlig eigenständige Werke und gehören zu den wichtigsten Beiträgen zu dieser Gattung. In den 1980er-Jahren sind die Kopistenabschriften wieder zugänglich geworden, in denen Beethoven dem Auftraggeber, Fürst Lobkowitz, die Quartette überreicht hatte. Sie repräsentieren ein Stadium vor der endgültigen Fassung der Erstausgabe mit einer reicheren dynamischen und artikulatorischen Bezeichnung, was sie vor allem auch für die Praxis interessant macht. Da die Autographe zu den sechs Quartetten op. 18 nicht mehr erhalten sind, kommt diesen Manuskripten selbstverständlich besondere Bedeutung zu. Sie konnten für diese Henle-Urtextausgabe erstmals berücksichtigt werden.
Wie schon die Opuszahlen ausweisen, sind die fünf Streichtrios verhältnismäßig frühe Werke. Opus 3 wurde von Beethoven Anfang 1796 zum Druck gegeben, in dasselbe Jahr fällt auch der Beginn der Kompositionsarbeiten an der Serenade op. 8, der dann auch bald die drei Trios op. 9 folgten. Danach hat Beethoven sich mit dieser Gattung nicht mehr beschäftigt. Dennoch – die fünf Stücke sind vollgültiger Beethoven und werden immer wieder gerne gespielt. Ebenfalls in den Band aufgenommen wurde das im Autograph als „Duett mit zwei obligaten Augengläsern“ bezeichnete Stück, das Beethoven offenbar für zwei kurzsichtige Freunde komponiert hatte.
Schuberts zwei Klaviertrios darf man getrost zu seinen besten Werken zählen. Beide sind erst 1827, also ein Jahr vor seinem Tod entstanden und typische Werke seiner Reifezeit: voller Melodienseligkeit, gepaart mit formaler Gestaltungskraft und höchster Ausdruckstiefe. Während er das Es-dur-Trio op. 100, D 929 an den Leipziger Verleger Probst verkaufte (es erschien allerdings erst knapp nach Schuberts Tod), gelangte das B-dur-Trio op. 99, D 898 zu Schuberts Lebzeiten nicht zur Drucklegung. Das im Anhang wiedergegebene, als Notturno bekannt gewordene Adagio in Es-dur, op. post. 148, D 897, war ursprünglich wohl als lang-samer Satz des B-dur Trios vorgesehen. Mit seinem sich bis zu finsterer Verzweiflung steigernden Ausdruck schien es Schubert möglicherweise für eine Veröffentlichung ungeeignet. Es erschien erst 1846 im Druck. Im Anhang des Bandes findet sich Schuberts erster Versuch in dieser Gattung. Er komponierte es mit 15 Jahren im Sommer 1812.
Die Anfänge von Brahms’ g-moll-Quartett op. 25 gehen in die 1850er-Jahre zurück, vollendet wurde das Werk jedoch erst im Herbst 1861. Dass der Komponist sein neues Werk hoch schätzte, geht schon daraus hervor, dass er es ein Jahr später bei seinem ersten öffentlichen Auftreten in Wien als Pianist und Komponist aufs Programm setzte. Es ist bis heute das beliebteste der drei Brahms’schen Klavierquartette geblieben, nicht zuletzt wegen seines fulminanten Finalsatzes, einem Rondo alla Zingarese.
Das heute noch bestehende Schloss Weinzierl in Niederösterreich kann als der Geburtsort einer Kammermusikgattung angesehen werden, die seitdem nicht mehr aus der Musikwelt wegzudenken ist. Der junge Haydn durfte auf Einladung eines vermögenden Musikfreundes einige Zeit an diesem Ort verweilen und traf sich mit dem Schlossverwalter, dem Schlosspfarrer und dem Cellisten Anton Albrechtsberger regelmäßig zum Musizieren. Seine ersten Werke für „2 Violinen, Viola und Basso“ sind zwar noch fünfsätzig, begründeten aber durch ihren musikalischen Wert den Erfolg des Streichquartetts als eigenständige Gattung.?
Sechs Werke gehören zur Opusgruppe 9 – die erste geschlossene Gruppe von Streichquartetten, die wir von Haydn kennen. Doch auch formal ging der Komponist hier neue Wege: Orientierte er sich bei den vorangegangenen Quartetten Opus 1 und 2 noch am fünfsätzigen Divertimento, entschied er sich hier für die in Zukunft maßgebliche Form der Viersätzigkeit. Außerdem bediente er sich eines erweiterten Klangraums und experimentierte mit metrischen Überraschungseffekten (so z. B. im Trio des Menuetts aus dem G-dur-Quartett).?
Das Autograph der Quartette op. 17 stammt aus dem Besitz des k. k. Polizeirats Johann Nepomuk Neuwirth, dessen Witwe es 1875 der Wiener Gesellschaft der Musikfreunde schenkte. Es heißt, dass Haydn im Haus der Familie Neuwirth „bei den Quartettübungen die Viola zu spielen pflegte“. Ob die Quartette op. 17 für diese Zusammenkünfte komponiert wurden, ist nicht mehr feststellbar. Sie haben jedoch bis heute einen festen Platz im Notenschrank aller Kammermusikfreunde – besonders Nr. 4, 5 und 6, die sich deutlich vom Divertimento-Stil der frühen Quartette entfernen, werden immer wieder gerne aufs Pult gelegt.?
Das Vorwort von Christin Heitmann liefert aufschlussreiche Hintergrundinformationen zu den Streichquartetten Opus 20. Der Beiname „Sonnenquartette“ geht nicht auf Haydn zurück, sondern spielt auf eine zeitgenössische Ausgabe an, deren Titelblatt von einer aufgehenden Sonne verziert wurde. Die Quartette op. 20 gehören als letzte Serie zu einer Gruppe früherer Streichquartette, sie weisen aber deutlich über ihre Zeit hinaus. Eine formale Besonderheit stellen die anspruchsvollen Fugen dar, die drei der sechs Quartette abschließen.? Die Studien-Edition HN 9208 ergänzt das vorliegende Stimmenmaterial.
Etwa zehn Jahre ließ Haydn verstreichen, bevor er nach Opus 20 einen neuen Streichquartettzyklus vorlegte: die sog. „Russischen Quartette“. Dies ist die erste Quartett-Serie, von der wir wissen, dass Haydn sie mit Blick auf ihre Veröffentlichung komponierte. „Sie sind auf eine gantz neue besondere Art“, warb er in mehreren Briefen, und damit meinte er sicher nicht nur, dass erstmals „Scherzi“ den Platz der Menuette einnahmen. Musikfreunde schätzen besonders die melodischen Einfälle; so brachte das reich verzierte Einleitungsmotiv von op. 33,3 dem Quartett den Beinamen „Vogelquartett“ ein.?
Der Band wird mit einem Kuriosum eröffnet: Opus 42 ist ein Einzelwerk, kurz und spieltechnisch überraschend einfach; Haydn bezeichnet es als „ganz klein und mit nur 3 Stuck“. Die Quartette op. 50, unter ihnen das sogenannte Frosch-Quartett, sind dem Preußenkönig Friedrich Wilhelm II. gewidmet, der ein versierter Cellist war. Auch wenn das „Solo“ zu Beginn von Opus 50,1 wohl eher scherzhaft gemeint ist, darf sich das Cello über einige dankbare Passagen freuen.?
Darauf hat die Kammermusikwelt gewartet – endlich sind alle Streichquartette Haydns in bewährter Henle-Urtextqualität zu haben! Als letzte Ausgabe gesellen sich nun die Streichquartette op. 54/55, manchmal auch als „Erste Tost-Quartette“ bezeichnet, in diesen Kreis. Anders als es die Opuszahlen vermuten lassen, handelt es sich um einen zusammenhängenden Zyklus von sechs Werken. Der Einfluss Mozarts vertieft sich, die Formen werden vielfältiger, und der ersten Violine werden mitunter echte Seiltänzer-Kunststücke abverlangt. Gerade in diesem Band gibt es einige wenig gespielte Schätze zu entdecken. Wir freuen uns, ihn als letztes Stimmenheft von insgesamt zwölf mit ergänzender Studien-Edition in die Musikwelt zu entlassen.?
Die Quartette tragen eine Widmung an den Geiger Johann Tost, der während der 1780er Jahre zweiter Konzertmeister in der Kapelle am Hof Esterházy war. Dessen Geschäftssinn verleitete ihn dazu, zwölf Quartette - unter diesen wohl auch Opus 64 - an einen Pariser Verleger zu verkaufen. Ob dies in Haydns Sinne war, muss offen bleiben - die Widmung jedenfalls war von der zweiten Auflage an getilgt. Unsere Ausgabe folgt der Haydn-Gesamtausgabe und stellt zum Es-dur-Quartett erstmals beide originalen Trios gegenüber.?
Die Serie der Quartette op. 71 und 74 widmete Haydn dem ungarischen Grafen Apponyi, einem Wiener Musikmäzen und Freimaurerbruder Haydns. Sie entstanden zu der Zeit, als Haydn in England mit seinen "Londoner Symphonien" Triumphe feierte. Mit gewichtigen langsamen Einleitungen und dichtem, klangbetontem Satz tragen sie ebenfalls symphonische Züge. Besonders das g-moll-Quartett op. 74,3 fällt durch Expressivität und Originalität auf; wegen des rhythmischen Schwungs seiner Ecksätze wurde es unter dem Beinamen "Reiterquartett" bekannt. Die Studien-Edition ergänzt das bereits im Henle-Urtext vorliegende Stimmenmaterial der "Apponyi-Quartette".
Meisterhaft und voll neuer Gedanken beschrieb der schwedische Gesandtschaftssekretär Silverstolpe diese Quartette, als er sie 1797 zum ersten Mal hörte. Und der mit Haydn befreundete Musikhistoriker Charles Burney berichtete 1799: Ich habe durch Instrumentalmusik niemals mehr Vergnügen empfunden. Die Neuausgabe dieser sechs Werke, – darunter das berühmte „Kaiserquartett“ – folgt dem Text der vom Joseph Haydn-Institut in Köln herausgegebenen Gesamtausgabe. Sowohl in den Stimmen (HN 214) als auch in der Studien-Edition (HN 9214) informiert ein ausführlicher Textteil über Quellen und Lesarten. Klapptafeln in den Stimmen ermöglichen optimales Wenden der Seiten.?
Dies sind die letzten von insgesamt fast 70 Streichquartetten, die Haydn schuf. Ursprünglich sollte es – wie so oft zuvor – eine Serie von sechs Quartetten werden. Doch war Haydn um die Entstehungszeit 1803 zu krank, um den Kompositionsauftrag des Fürsten Lobkowitz ganz umzusetzen. So veröffentlichte er als op. 77 nur zwei vollständige Quartette. Später ließ er als op. 103 zusätzlich noch ein unvollendetes Werk drucken, das aus zwei Mittelsätzen besteht. Vielsagend fügte er dem Druck folgende Worte hinzu: „Hin ist alle meine Kraft, alt und schwach bin ich.“ Musikalisch sind diese Werke alles andere als kraftlos. Sie stellen geradezu einen Höhenflug des gereiften Komponisten dar. Op. 77,2 wurde sogar Haydns „schönstes Streichquartett“ genannt.?
Die Überschrift „Solo per il Violino“, mit der Haydn diese Sonaten in seinen „Entwurf-Katalog“ eintrug, deutet schon darauf hin: Allein die Violine wird in diesen sechs Sonaten solistisch behandelt, während die Viola begleitende Funktion übernimmt. Möglicherweise hat Haydn diese „Soli“ für sich selbst geschrieben; sie könnten aber auch für Luigi Tomasini, den „Ersten Violinisten“ am Esterházy’schen Hof, gedacht gewesen sein. Insbesondere als Unterrichtswerke erfreuen sich diese Duos bis heute großer Beliebtheit. Ab jetzt steht dafür die maßgebliche Henle-Ausgabe nach dem Text der Haydn-Gesamtausgabe – bereichert durch Kadenzvorschläge – zur Verfügung.?
Dass Beethoven nur vier Klavierquartette hinterließ, kann man nur bedauern, denn die vier Opera gehören zu den beliebtesten Werken dieses Genres. Drei davon, die Quartette WoO 36, sind noch in Bonn entstanden und gehören zu Beethovens besten Jugendwerken überhaupt. Auch wenn sie Mozart’schen Geist atmen, sind sie doch schon typischer Beethoven. Wie sehr er sie auch später noch schätzte, geht daraus hervor, dass er den langsamen Satz des dritten Quartetts in seiner ersten Klaviersonate, op. 2 Nr. 1, wiederverwendete. Das vierte Quartett stellt eine andere Fassung des Bläserquintetts op. 16 dar.
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